Revue
2021
found footage video, 16:06 min., colour/sound

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In Manuel Bodens Found Footage Videoarbeit „Revue“ kulminiert eine Serie von Arbeiten, die auf originelle, eigenartige Weise gefundenes, nach klaren Vorgaben selektiertes Amateur-Videomaterial kombiniert. Private, oder unbedacht öffentlich gemachte Situationen und Räume werden durch ihre Gegenüberstellung zum Pattern, zum Symptom.
In „Revue” findet diese Technik ihren bisherigen Höhepunkt, indem aus hunderten von gesammelten Videos ein rhythmisches Geflecht gewoben wird, das sich auf mehreren inhaltlichen Ebenen reimt, spiegelt und ineinander greift.
Es sind gesammelte Bilder von gesammelten Bildern. Menschen präsentieren einer vermeintlichen Öffentlichkeit ihre Dia-Sammlungen, führen die Projektoren vor. Der ursprüngliche Zweck bleibt nebulös, die Herkunft der projizierten Bilder ist nicht immer klar, doch alle verarbeiteten Videos teilen eine ungelenke, grobe Kameraführung, abseitige Bildausschnitte, das Dokumentieren der Geräte und ihrer Funktion als Priorität und eben diese Ahnung von etwas Vergangenem, eine nicht ganz greifbare Nostalgie, etwas trauriges und urkomisches.
Die Montage dieser Versatzstücke ist raffiniert. Mit verschiedenen subtilen Kniffen werden Zusammenhänge her-, oder herausgestellt. Sowohl Bild- als auch Tonebene sind geprägt von der mechanischen Beschaffenheit der Diaprojektoren, das Video als Loop, das Dia im Karussell - eine, sich spiralförmig drehende Revue von Assoziationen und maschinellen Rhythmen.
Dabei wird nicht nur fast nebensächlich das Ausglühen des Analogfilms besprochen, auch werden einem Klischees des Kunst- und Experimentalfilms vor Augen geführt, wenn die unbeholfen wirkenden Videos sich völlig unwissend und zufällig ganz ähnlicher Einstellungen und Techniken bedienen, die dem Zuschauer somit “irgendwie bekannt” vorkommen könnten.
“Revue” ist eine akribisch sortierte Sammlung kleiner Lebensausschnitte, die fahrlässig mehr preisgeben als gewollt und gleichzeitig vieles verschleiert und fragmentarisch lassen. So wie die Diapräsentationen selbst, die sich über das digitale Medium kaum erzählen lassen und in überbelichteten oder unscharfen Bildern die Limitierungen und befristete Halbwertszeit der Fotografie allgemein offenlegen.
Und nicht zuletzt fragt die Arbeit nach der Bedeutung von Bildern und Nicht-Bildern. Den Leerstellen zwischen den Bildern. Worin besteht der Unterschied, wodurch wird das eine zum anderen er- oder verklärt?

Text: Szymanski